LANDECK – SAMNAUN
Streckendaten:
Distanz: 47.1 km
Aufstieg: 2844 Hm
Abstieg: 1820 Hm
An diesem Morgen habe ich keinen Wecker gebraucht, da ich schon lange vor 5:00 Uhr nicht mehr schlafen konnte. Es wurde Zeit, dass das Finale, die Etappe mit der längsten Distanz, den meisten Höhenmetern und dem höchsten Punkt, endlich beginnt. Die äusseren Bedingungen waren wieder perfekt: wolkenloser Himmel und nicht mehr ganz so heisse Temperaturen. Aber wie würden sich meine Beine heute anfühlen? Würde es wieder so hart wie gestern werden? Hat der Schotte vor heute zu attackieren? All das ging mir durch den Kopf, als ich angespannt mein Frühstück gegessen habe. Als der Wirt allen Gästen ein weichgekochtes Ei serviert hat, wollte ich es zunächst stehen lassen, weil ich noch nie ein Ei vor einem Wettkampf gegessen habe und eigentlich nicht wie beim 5-Gänge-Menü in Ehrwald Experimente beim Essen machen wollte. Da mein Vater auf Eier vor langen, Kräfte zehrenden Läufen schwört und die anderen Läufer auch genussvoll zugegriffen haben, entschied auch ich mich dazu, das Risiko einzugehen. Wie sich später herausstellte, hat das Ei zumindest nicht geschadet :-). Und als ich zum 4. und damit letztem Mal dem Startschuss entgegenfieberte, waren die Gedanken an das Ei sowieso verflogen. Um Punkt 7:00 Uhr ging es endlich los. Erst durch Landeck und dann auf einem flachen, asphaltierten Radweg der Inn entlang, bevor wir auf einer Strasse hinauf nach Hochgallmig liefen. Auf diesem absolut untypischen Streckenabschnitt musste ausgewichen werden, weil die reguläre Strecke auf Grund eines Erdrutsches unpassierbar war. Dies war übrigens auch der Grund für die Streckenverlängerung um 2.5 Kilometer. Zugegeben, mit Trailrunning hatte das Asphaltstück nichts zu tun, trotzdem war ich – und vermutlich auch die anderen Teilnehmer – froh über diesen „sanften“ Einstieg in die heutigen Etappe. Denn hinter Hochgallmig war dann wieder Schluss mit lustig. Der Weg wurde immer schmaler, unwegsamer und nach der Talstation der Almbahn gnadenlos steil. Es ging diretissima eine Skipiste hoch, so dass an Laufen nicht zu denken war. Mittlerweile haben sich der Schotte Andrew Fallas, der Spanier Tòfol Castañer Bernat und ich vom Rest des Feldes abgesetzt. Wir blieben auf dem herrlichen Trail hinunter zur Kölner Hütte und dem zum Teil weglosen, sehr anspruchsvollen Anstieg hinauf zum Arezzjoch beisammen.
Nach einer kurzen Bergab-Passage gelangten wir dann auf die zahlreichen Schneefelder, die auf dem immer beschwerlicheren Weg Richtung Ochsenscharte zu überqueren waren. Beim Überschreiten des höchsten Punktes der 4 Trails haben der Spanier und ich einen kleinen Vorsprung auf Andrew herauslaufen können. Da sich meine Beine an diesem Tag wieder deutlich besser gefühlt haben als tags zuvor, war ich zuversichtlich erneut als Zweiter die Ziellinie überqueren zu können. Zwar lief ich seit dem Arezzjoch an der Spitze, doch ging ich immer davon aus, dass Tòfol einfach nur einen Gang zurückgeschaltet hat. Schliesslich war sein Vorsprung uneinholbar gross, wieso sollte er sich dann mehr als nötig anstrengen?
Nach der Ochsenscharte ging es rasant hinunter in Richtung österreichisch-schweizerischen Grenze. Als mir dann völlig unerwartet mein Vater entgegenkam und mich anfeuerte, waren die Schmerzen nicht mehr ganz so schlimm und ich habe noch einmal alles gegeben. Jetzt mussten auch nicht mehr mit den Kräften gehaushaltet werden, da das Rennen in Samnaun ja zu Ende war! Es gab morgen keine Etappe mehr, bei der man zumindest halbwegs fit sein musste. Ausserdem waren die letzten 8.2 Kilometer und 200 Höhenmeter nach Samnaun weniger schlimm als erwartet und so durfte ich dann mit rund einer Minute Vorsprung auf Tòfol die Ziellinie überqueren. Die Krönung war allerdings, dass ich unter den Zuschauern auch noch den Rest meiner Familie gesehen habe. Spätestens da war das Glück perfekt…
Für alle, die mehr über die Strecke wissen wollen:
Important!
Die Streckenänderung ist hier nicht zu sehen. Gezeigt ist die Originalstrecke.
Und natürlich noch ein paar Bilder von der Etappe:
Notice
Zu den Ergebnissen