Als die beiden LT’ler am Vortag des Wettkampfes in Rouffach am Fusse der Vogesen eintrafen, war noch alles in Ordnung: Schönes Wetter und Temperaturen knapp im 2-stelligen Bereich ließen die beiden hoffen, dass die für den Wettkampftag prognostizierte Schlechtwetterfront erst später eintreffen wird. Doch schon am Abend, als sie sich bei einem kleinen Lockerungslauf Teile der Strecke ansahen, wurden die Schleierwolken immer dichter und der Wind frischte merklich auf. Die ganz große Ernüchterung dann am Wettkampftag: ein beißender Südwestwind peitschte über die kahlen, trostlos wirkenden Weinreben und die dunkelgrauen Wolken stauten sich an den Hänge der Vogesen. Am meisten Sorgen bereitete den beiden jedoch die intensiven Niederschläge. Aufgrund des unangenehmen Schneeregens bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt verzichteten sie aufs Warmlaufen und verließen erst 10 Minuten vor dem Start das warme und vor allem trockene Auto. Die Vermutung, dass der Veranstalter das Rennen absagt, oder die 720 (!) Starter auf eine Alternativroute schickt, erwiesen sich als falsch: Wer um 9:00 Uhr am Start stand, musste sich auf der regulären, fast 50 km langen und mit ca. 1850 hm bespickten Strecke bis hinauf auf den 1.272 m hohen Petit Ballon und dann wieder zurück kämpfen.
Erst Schlammschlacht bei Schneeregen, dann Schneepflügen bei Schneesturm und dann wieder retour: der knapp 50 km lange Trail du Petit Ballon mit seinen ca. 1850 hm verlangt den Teilnehmern alles ab.
Schon auf den ersten Kilometern war klar, dass nicht nur das Wetter, sondern auch die Streckenverhältnisse extrem werden würden: In den tiefsten Lagen war der lehmige Lössboden völlig aufgeweicht und ließ die Teilnehmer auf den schlammigen Wegen durch die Weinreben schlittern. Doch schon ab ca. 400 m ging der Schneeregen in Schneefall über und bedeckte die Pfade mit einer Schneeschicht, die mit jedem weiteren Höhenmeter dicker wurde. Sowohl Jürgen, als auch Stephan waren froh darüber, da sie im strengen Winter oft im Schnee trainiert hatten und die Verhältnisse gewohnt waren. So fanden beide schnell ihren Rhythmus und Stephan konnte sich schon nach ca. 5 km auf den 3. Gesamtplatz vorarbeiten. Als er nach knapp 29 km den höchsten höchsten Punkt erreichte, hat er einen komfortablen Vorsprung auf seine Verfolger herausgelaufen. Doch dann verpasste er im dichten Schneesturm eine Abzweigung und rannte fälschlicherweise auf der tief verschneiten Fahrstraße bergab. Zwar bemerkte er seinen Fehler bald, aber als er wieder auf der regulären Strecke war hat er durch den „Extrakilometer“ zwei Plätze verloren und hatte mit einem mentalen Durchhänger zu kämpfen. Jürgen fand problemlos den richtigen Weg und durch die Erfahrung früherer Ultra-Läufe (Bodensee-Umrundung, Island,…) bereitete ihm der Gedanke an die noch folgenden 20 km keine Schwierigkeiten.
„Das gute an den 30 cm Neuschnee ist, dass das Bergablaufen sehr gelenkschonend ist – Ideal für meine alten Knochen.“
Als es Stephan gelang, einen verlorenen Platz gutzumachen, fand er wieder seinen Rhythmus und heftete sich an den Drittplatzierten Quentin Stephan, der für das Trailrunning-Team von Lafuma startet. Auf der langen Bergab-Passage konnte sich der Franzose zwar leicht absetzen, doch auf dem kräftezehrenden, schlammigen Auf und Ab der letzten 10 km gelang es dem 26-jährigen LT’ler den Podestplatz zurückzuerobern. So erreichte Stephan nach 04:07:34 mit letzter Kraft, aber überglücklich über den 3. Gesamtplatz das Ziel in Rouffach. Sein Vater lieferte sich ebenfalls einen harten Kampf mit seinen Konkurrenten. Mehrmals musste er bei Bergauf-Passagen Läufer vorbeilassen, doch spätestens bei den nächsten Flachpassagen konnte er sie wieder einholen. Trotz seiner verletzungsbedingt kurzen Vorbereitungszeit, erreichte er nach hervorragenden 05:13:59 als Gesamt 86. und 7. seiner Altersklasse das Ziel. Trotz oder gerade wegen der widrigen Wetterbedingungen ein tolles Ergebnis für unsere beiden Langstreckenläufer mit Vorliebe für die Berge!
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