Wetterprognose: Starkregen und Gewitter
Tessin im Juni, eigentlich dachten Stephan und ich an Sonne und frühsommerliche Wärme, doch schon bei der Anfahrt am Freitagnachmittag sagte der Wetterbericht etwas anderes voraus. Gewitter, Starkregen sogar Erdrutsche waren vorausgesagt! Wir hofften schon, dass der Lauf überhaupt durchgeführt werden kann. Jedenfalls stellten wir uns auf eine feuchtfröhliche Angelegenheit ein.
Wetter am Start: Bewölkt, aber trocken
Start 7.00 Uhr – alles trocken, kein Regen in Sicht, ich entscheide mich sogar dafür, die Regenjacke im Rucksack zu lassen und gehe in kurzer Bekleidung an den Start. 55 km auf technisch schwierigen Trails, gespickt mit 3800 hm. Eigentlich habe ich noch nie an so einem harten Wettkampf teilgenommen. Wie lange werde ich wohl brauchen? 8,5 bis 9 Stunden werden es wohl werden – egal, der Weg ist ja das Ziel. Vom Start weg ging es nach 1 km Dorfrunde erbarmungslos in den unaufhörlich langen Anstieg auf den 2116m hohen Gazzirolla. Meine Suunto zeigte 20 km und 2300 hm an.
Traumpfade, „alte“ Beine und verlockende Buffets
Das ganze hatte bis jetzt bei mir mit laufen nichts zu tun, dafür hatte ich auch ja meine „Wanderstöcke“ dabei. Nun dachte ich, bei der folgenden längeren Bergabstrecke kann ich es ja richtig krachen lassen, doch irgendwie ging das nicht. Hier spürte ich den Unterschied zwischen jung und alt. Endlich San Lucio. Kilometer 24 – Ziel für die Kurzstreckler und ein tolles 2. Frühstücksbuffet für die Langstreckler. Brot, Schinken, Käse, verschiedene Kuchen, Früchte, Nüsse usw. Unglaublich, man wollte eigentlich gar nicht mehr weiter laufen. Das Wetter wurde mittlerweile auch besser, und man konnte die Regenjacke, die man bei einem kurzen Schauer angezogen hatte wieder im Laufrucksack verstauen. Das sind all diese Dinge, die Stephan während dem Laufen erledigt, und der alte Herr eine Erholungspause daraus macht. Frisch gestärkt machte ich mich wieder auf den Weg. Nach einem knackigem Anstieg folgte ein traumhafter Pfad auf einem Grat, der allerdings technisch so anspruchsvoll war, dass ich kaum einen Laufrythmus finden konnte. Selbst bergab war es mir nicht möglich, meinen Km-Schnitt deutlich zu erhöhen. Ich stellte mir vor wie Stephan vor ein paar Stunden über die steinigen Pfade hüpfte, dafür habe ich jetzt wahrscheinlich das schönere Wetter. Plötzlich stolperte der vor mir Laufende und knallte mit Hüfte und Wade auf einen Felsen. Ein lauter Aufschrei, ein weitere Läufer und ich eilten zur Hilfe und nach einigen Schreckminuten konnten wir ihn wieder auf die Beine stellen. Zum Glück war nichts gebrochen und er konnte humpelnd seinen Lauf fortsetzen.
Happy End
Alpe Pairolo, Dorf Bre, Alpe Bolla : drei weitere Buffets, man musste schon aufpassen dass man bei diesem Lauf nicht zunimmt. Obwohl ich jedesmal Zeit verlor tankte ich jedesmal Kraft und konnte immer wieder hochmotiviert weiterlaufen. Nach mehrstündigem Spiel „Jung und alt“ ,das heißt bergab überholten mich die Jungen, die der alte Knabe bergauf distanziert hatte, erreichte ich das Ziel in Tesserete. Dort wartete Stephan, der schon eine Vermisstenanzeige aufgeben wollte. Ich erzählte ihm die Geschichte von Jung und Alt. Letztendlich waren wir froh, dass wir gesund und ohne größere Blessuren das Ziel erreicht hatten, und ich war stolz auf den Sieg von Stephan, der in einer Fabelzeit von 5.45 Std das Ziel erreicht hatte. Das bedeutet Streckenrekord, obwohl die Strecke in diesem Jahr 5 km länger war und 300 hm mehr vorzuweisen hatte. Ich alter Knabe landete nach einem Bummelrennen mit einer Zeit von 9.15 Stunden als 101. in der vorderen Hälfte von 224 gewerteten Teilnehmern.
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